Es war ein Thema, das anscheinend unter den Nägeln brennt, obwohl es von vielen als “Tabuthema” angesehen wird. Der Pfarrgemeinderat Atting-Rain mit Sprecherin Hermine Lehner, stellvertretenden Sprecherin Gabi Ilg und Vortrags-Organisatorin Hildegard Stelzl wagte sich an das Thema “Was tun, wenn´s tropft”. Und ein proppenvoller Bürgersaal zeigte die Aktualität des Themas. Mit Dr. med. Julia Peter, Oberärztin am Klinikum Sankt Elisabeth in Straubing war eine perfekte Referentin gefunden. Die Fachärztin für Uroloigie und Leiterin des Kontinenz- und Beckenbodenzentrums in Straubing brachte “Was tun, wenn´s tropft” mit großem Fachwissen, komeptenter Erfahrung und dennoch “lockeren Sprüchen” zur Sprache. Sie freute sich, als Attinger Bürgerin zu den Attinger Frauen und Männern sprechen zu dürfen.
Was genau ist eine Blasenschwäche? Häufiges Wasserlassen tagsüber, Schlafmangel wegen nächtlichen Toilettengängen oder auch ein überfallartiger Harndrang kennzeichnen das Krankheitsbild. Wie Dr. Julia Peter erläuterte, ist Harninkontinenz, im Volksmund besser bekannt als Blasenschwäche, das Unvermögen willkürlich, zur passenden Zeit und an einem geeigneten Ort, die Blase zu entleeren. Der unwillkürliche Urinverlust kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein; von einigen Tropfen Harnverlust bis zu permanentem Harnverlust, ohne die Möglichkeit auch nur geringe Mengen Harn halten zu können. Betroffene sind durch den unwillkürlichen Harnabgang im Alltag oft stark beeinträchtigt. Der unwillkürliche, unfreiwillige Urinabgang ist eine häufige Erkrankung, die etwa 50 Prozent aller über 50-jährigen Frauen betrifft. Trotz der teilweisen deutlichen Beeinträchtigung im Alltag, trauen sich nur wenige entsprechende Hilfe einzuholen. Dies liegt hauptsächlich daran, dass Inkontinenz immer noch von vielen als „Tabuthema“ angesehen wird; und dies obwohl mehrere Millionen Menschen in Deutschland von Inkontinenz betroffen sind. “Dabei ist die Harninkontinenz oft sehr gut behandelbar und es gibt eine bunte Vielfalt an Hilfsmitteln” erklärte Dr. Julia Peter.
Anschaulich erläuterte sie die verschiedenen Arten der Inkontinenz. Charakteristisch für die Belastungsinkontinenz ist der Urinverlust bei Druckerhöhung im Bauchraum. Der Urinverlust tritt besonders auf beim Husten, Lachen, Niesen und Heben schwerer Lasten. Dieser Form der Inkontinenz liegt eine Insuffizienz des Schließmuskelapparates zugrunde. Je schwerer die Belastungsinkontinenz desto niedriger die notwendige Druckerhöhung im Bauchraum, die zum unwillkürlichen Urinverlust führt. So kann der Urinverlust bereits im Stehen, beim Gehen oder in der schwersten Ausprägung auch im Liegen auftreten. Der gestörten Schließmuskelfunktion, die zur Belastungsinkontinenz führt, liegt oft eine Beckenbodenschwäche und nervale Fehlsteuerungen zugrunde. Eine Beckenbodenschwäche kann im Laufe der Zeit entweder altersbedingt, bei Bindegewebsschwäche, nach Schwangerschaften und Entbindungen oder auch nach verschiedenen Operationen z.B. an Gebärmutter und Prostata auftreten. Eine Belastungsinkontinenz kann auch durch Übergewicht ausgelöst oder verschlimmert werden. “Die Blasé ist ein Organ, das man trainieren kann” betonte die Referentin und zeigte verschiedene Behandlungsmöglichkeiten auf.
An zweiter Stelle steht die Dranginkontinzenz, oft auch als Reizblase bekannt. Hier ist ein Hinauszögern der Blasenentleerung nicht mehr oder nur schwer möglich. Wie so oft im Leben gebe es aber auch bei Inkontinenz kein “schwarz und weiß”. Etwa 1/3 der Betroffenen leiden an der sogenannten Mischinkoninenz, einer Kombination aus Drang- und Belastungsinkontinenz. Im weiteren Verlauf des Abend erläuterte Dr. Julia Peter wie mittes eines Miktionsprotokolles, der Sonographie, der Urodynamik oder auch der gynäkologischen Untersuchung die Ursachen und Heilungsmöglichkeiten erforscht werden. Anschaulich zeigte sie die konservative Therapie mit dem Beheben der Obstipation, dem Reduzieren des Körpergewichtes und ggf der Ernährungsumstellung. Bei der Physiotherapie wurden Beckenbodentraining und Elektrostimulation ebenso besprochen wie die medikamentöse Therapie. Überall sei Geduld erforderlich, denn der Erfolg stelle sich erfahrungsgemäß erst nach 4 bis 6 Wochen ein. Auch der operative Therapie widmete Dr. Julia Peter ihre Erläuterungen. “Gutes Material und gute Operateure” nannte sie als wichtige Voraussetzungen. Eine weitere Option biete auch der sogenannte “Blasenschrittmacher”. Abschließend betonte Dr. Julia Peter, dass jede und jeder Betroffene Hilfe in Anspruch nehmen soll. Das Kontinenz- und Beckenbodenzentrum in Straubing sei ein guter Ansprechpartner und die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen. Allerdings sei dafür die Überweisung von einem Gynäkologen oder Urologen erforderlich.
Mit einem Blumenstrauß bedankte sich Hildegard Stelzl für die anschaulichen Erläuterungen bei Dr. Julia Peter und der Applaus “des vollen Hauses” unterstrich den Dank. Wer mehr Informationen möchte: https://www.klinikum-straubing.de/kontinenz-und-beckenbodenzentrum/ueber-uns.html